Sonntag, 13. Oktober 2013

"Zu zahlengläubig, zu glatt geschliffen, zu kaputt" - weite Teile der Wirtschaftselite - trifft ähnlich auch auf Politik & Medien zu!

12.10.13

Benedikt Herles

Der Deserteur einer kaputten Wirtschaftselite

Zu zahlengläubig, zu glatt geschliffen, zu kaputt – der Ex-Berater Benedikt Herles prangert den Zustand der Wirtschaftselite an. Sie trainiert schon dem Nachwuchs das Denken ab, sagt er. Von

Benedikt Herles
Foto: Eckhard Waasmann "Business-Schools sind vor allem Durchlauferhitzer", sagt Autor Benedikt Herles
Benedikt Herles gehörte selbst dazu, zur Wirtschaftselite. Er war ein aufstrebender Jung-Manager: Jahrgang 1984, Studium der Volks- und Betriebswirtschaftslehre und Promotion über die Entstehung ökonomischer Werte. Karriereaussichten: blendend. Dafür ackerte er auch Nächte durch, immer mit dem Ziel, einen Top-Job zu ergattern. Doch dann hielt er es nicht mehr aus – und wollte eine Veränderung. Jetzt hat er ein Buch geschrieben: "Kaputte Elite", in dem er die Zustände in den Führungsetagen anprangert.
Die Welt: Herr Herles, sind Sie der Whistleblower der jungen Wirtschaftselite?
Benedikt Herles: Wenn ich das wäre, dann hätte ich ja Geheimnisse ausgeplaudert. Das muss ich aber gar nicht, um zu zeigen, dass etwas schiefläuft in unserer Wirtschaft. Das, was ich in meinem Buch anprangere, ist erschreckend öffentlich. Die von mir kritisierten Institutionen stehen ja offen zu ihren falschen Idealen.
Die Welt: Und die sind?
Herles: "Eigennutz ist rational", "nur Zahlen und Daten haben einen Wert", "Mund halten und abliefern, was gefragt ist" – das sind die Spielregeln, die jeder kennt. Es stellt sie nur niemand infrage.
Die Welt: Viele Unternehmen sind mit dieser Kultur sehr erfolgreich: straffe Hierarchien, klare Regeln, harte Anforderungen. Wo ist das Problem?
Herles: Das Problem ist, dass falsche Mentalitäten und Methoden das richtige System korrumpieren. Natürlich glaube ich an eine freie und soziale Marktwirtschaft. Gerade deshalb habe ich dieses Buch ja geschrieben. Die antrainierten Dogmen machen Menschen unglücklich. Sie vernichten Kapital, schaden Unternehmen und verhindern letztlich Innovation. Sie schaffen eine Wirtschaft und eine Gesellschaft, in der ich nicht leben will.

Benedikt Herles: „Die kaputte Elite Ein Schadensbericht aus unseren Chefetagen“, Knaus, 16,99 Euro
Foto: knaus Benedikt Herles: "Die kaputte Elite – Ein Schadensbericht aus unseren Chefetagen", Knaus, 16,99 Euro
Die Welt: Wie ist es so weit gekommen?
Herles: Alle reden von der Krise der Finanzmärkte. Aber eigentlich erleben wir eine Krise der ökonomischen Eliten. Mit meinen 29 Jahren bin ich ungefähr so alt wie die Probleme, vor denen wir heute stehen. 1987, drei Jahre nach meiner Geburt, hat Gordon Gecko im Film "Wallstreet" verkündet, Gier sei gut. Die moderne Betriebswirtschaftslehre wurde entwickelt, Unternehmensberater und Business Schools etablierten sich als mächtige Institutionen, und der Shareholder Value setzte sich als irriges Dogma durch. Jetzt, 30 Jahre später, ernten wir die Früchte. Wir erleben die größte Glaubwürdigkeits- und Stabilitätskrise der freien Wirtschaft seit der großen Depression. Es ist Zeit, die Schraube zurückzudrehen.
Die Welt: Sie waren Teil des Systems.
Herles: Ja, ich wurde ausgebildet in einem System, das einem fast schon religiösen Glauben an mathematische Rationalität und Analyse erlegen ist. Die kaputte Elite huldigt dem Dogma von Effizienz und Optimierung. Professoren und Unternehmen meinen, mit Excel-Tabellen das komplette wirtschaftliche Gefüge beherrschen zu können. Genau deshalb standen die Finanzmärkte vor fünf Jahren am Rande des Abgrunds. Trotzdem predigen die Business-Schools weiter ihre technokratische Weltsicht, pflanzen sie ihrem Nachwuchs ein und trainieren ihnen das eigene Denken ab. Da beginnt das Dilemma. Nur so konnten sich die falschen Dogmen überhaupt so lange halten.
Die Welt: Wie reagieren Ihre Ex-Kollegen darauf, dass Sie ihre Glaubensgrundsätze infrage stellen?
Herles: Von Freunden aus der Beratung, aber auch von Vorständen aus großen Unternehmen bekomme ich bisher überraschend zustimmendes Feedback. Es kommen aber natürlich auch Nachrichten von Leuten, die sich extrem angegriffen fühlen und die tatsächlich so reagieren, als hätte ich ihre Religion verraten.
Die Welt: Und Sie sind der Ketzer?
Herles: Ich habe nur das Offensichtliche ausgesprochen und will vor allem Denkanstöße geben. Die Bandbreite und die emotionale Aufgeladenheit der Reaktionen zeigen mir jetzt, dass ich offenbar in ein Wespennest gestochen habe. Aber genau das war mein publizistisches Ziel: einen Diskurs über diese unhinterfragten Strukturen anzuregen.
Die Welt: Aber kann ein Diskurs Praktiken verändern, die sich über Jahrzehnte etabliert haben?
Herles: Ich bilde mir nicht ein, das System auf den Kopf stellen zu können. Aber ich kann auf Grundlage meiner ganz subjektiven Erfahrungen sagen, dass vieles falsch läuft.
Die Welt: Was müsste sich denn verändern?
Herles: Wir brauchen eine andere Führungsmentalität, andere Charaktereigenschaften an der Spitze, und wir müssen uns vor allem ernsthaft Gedanken machen, wie wir unsere zukünftigen Manager auswählen und formen wollen. Auf den zahlengetriebenen Shareholder-Kapitalismus der letzten 30 Jahre muss ein kunden- und mitarbeiterorientierter Kapitalismus der nächsten 30 Jahre folgen. In der Ausbildung der Wirtschaftselite müssen wir zurück zum humboldtschen Bildungsideal, weg vom ökonomischen Wert der Bildung und hin zu geisteswissenschaftlichen Idealen. Anders ausgedrückt: Ein bisschen mehr öffentliche Uni würde auch so mancher Business-School guttun.
Die Welt: Wie ist das Klima an einer Business-School, etwa der bekannten WHU in Koblenz?
Herles: Business-Schools sind vor allem Durchlauferhitzer. In Orten wie zum Beispiel Vallendar rennen die Studenten mit dem "Wall Street Journal" und der Laptoptasche unterm Arm zwischen Schreibtisch und Vorlesung hin und her und arbeiten an ihrem Traum von hohen Einstiegsgehältern. Man lernt Power-Point-Folien auswendig und wird darauf trainiert, ein schnurrendes Rädchen in einem großen Getriebe zu werden. Für Reflexion bleibt gar keine Zeit im vollbepackten Curriculum. Natürlich kann man nicht alle Business-School-Studenten über einen Kamm scheren. Entscheidend ist aber, dass das "System Business School" junge Menschen in eine bestimmte – ich finde falsche – Richtung drängt.
Die Welt: Wie erzieht man junge ehrgeizige Einsteiger dazu, ihre Ideale zu hinterfragen?
Herles: Wir müssen die Erziehung zur geistigen Freiheit in den Mittelpunkt stellen. Wir brauchen keine Produkte für die Personalabteilung, sondern reflektierte Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten. Schauen wir uns die meisten "High Potentials" doch mal an. Die sind glatt geschliffen bis zum Gehtnichtmehr. Ich bin deshalb dafür, den reinen BWL-Abschluss abzuschaffen und zumindest ein Nebenfach in Geistes- und Sozialwissenschaften zur Pflicht zu machen. Wer nur BWL lernt, wird irgendwann zum zahlengläubigen Technokraten.
Die Welt: Unternehmensberatungen und Investmentbanken stellen auch jetzt schon Quereinsteiger aus Geistes- und Naturwissenschaften ein.
Herles: Damit brüsten sie sich, ja. Aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen in der kaputten Elite dramatisch auseinander. Alle behaupten, sie suchten die Vielfalt der unterschiedlichen Perspektiven und inspirierende "out of the box"-Denker. Am Ende des Tages ist aber Schablonendenken gefragt, nicht Kreativität und Reflexion. Gesucht sind Excel-Jongleure und Folien-Akrobaten. Wer nachts um eins noch am besten die Zahlen drehen kann, hat gewonnen. Es gilt: Machen, nicht denken.
Die Welt: Sie haben dieses Spiel immerhin zehn Jahre lang mitgespielt.
Herles: Ich wollte immer gestalten und wusste, dass man das am besten in der Wirtschaft kann. Nicht aus einem monetären Interesse heraus – sonst hätte ich jetzt bestimmt nicht dieses Buch geschrieben, sondern weil ich Dinge verändern und verbessern möchte.
Die Welt: Und wie wird man Wirtschaftslenker?
Herles: Zuallererst muss man wie auch ich anfangen, an den Stationen seine Häkchen zu machen, an denen man als "High Potential" eben seine Häkchen machen muss: Praktika bei Banken, Beratungen, dann eine gut vernetzte Hochschule. Über die Jahre musste ich aber leider feststellen, dass einem dort der unabhängige Gestaltungswille systematisch abtrainiert wird.
Die Welt: Bei manchen endet es vorher. Kannten Sie den Bank-Praktikanten Moritz E., der in London ums Leben kam? Er soll 72 Stunden durchgearbeitet haben und dann bei einem epileptischen Anfall gestorben sein.
Herles: Ich kenne die genauen Hintergründe dieses tragischen und traurigen Falles nicht, aber er scheint der letzte Beweis dafür zu sein, dass etwas gewaltig schiefläuft.
Die Welt: Sie sind also ausgestiegen.
Herles: Ganz im Gegenteil. Ich bin eben kein Aussteiger. Hätte ich dem System den Rücken zukehren wollen, dann hätte ich eine Strandbar eröffnet. Stattdessen habe ich ein Buch geschrieben und arbeite mittlerweile in einem Venture Capital Fonds. Dort helfe ich dabei, Innovationen in unserer Volkswirtschaft voranzutreiben und junge Unternehmer zu finanzieren, damit sie ihre Ideen verwirklichen können. Jetzt erlebe ich die Welt der Ideen und der kreativen Teams, die ich vorher gesucht habe. Diesen Geist müssen wir viel mehr auch in anderen Teilen der Wirtschaft forcieren. Nur so können wir Menschlichkeit und ökonomischen Erfolg verbinden.

Dienstag, 24. September 2013

Wie groß ist der unmittelbare Einfluss dieser Bundesregierung auf ARD & ZDF insgesamt ??

Auch das ARD Hauptstadt-Studio stellte heute wieder einmal indirekt klar,
dass es autoritäre Verhältnisse auch in der Politik anstrebt.
Mein gesunder Menschenverstand sagt mir jedenfalls klar und deutlich,dass
es aufgrund des fehlenden Endergebnisses besonders für die Bundestagswahl
beinah an Demokratie-Feindlichkeit grenzt,die vorsätzlichen Wähler-Täuschungen
unter den Teppich kehren zu wollen.Doch genau das haben die Thiels & Riewas
um den freilich konservativer gewordenen Leiter dieses Hauptstadtstudios,
Deppendorf,nämlich getan!
Ohne Worte

Montag, 23. September 2013

Weitere Belege der Beihilfe zum Wahlbetrug durch manche Medien:



Bundestagswahl im TV Verliebt in die Macht

Ungleichbehandlung durch die TV-Berichterstattung? Peer Steinbrück und Angela Merkel sind auf Bildschirmen während des TV-Duells zu sehen

(Foto: dpa)
Ist es Zufall, dass TV-Moderatoren mit der Opposition härter ins Gericht gehen als mit den Regierungsparteien - und das noch am Wahlabend? Als historisch gilt schon jetzt vieles an dieser Wahl. Womöglich ist auch die Objektivität des Fernsehjournalismus Geschichte. Eine TV-Kritik.
Von Ruth Schneeberger
Noch nie in der Geschichte der Bundestagswahlen sei ein Kandidat von den Medien so niedergemacht worden wie Peer Steinbrück, befand kürzlich Giovanni di Lorenzo. Letzterer ist Chefredakteur der Zeit und hat womöglich genau das: die Zeit, sich Gedanken über den Umgang der eigenen Zunft mit Politikern zu machen.
Je weniger Zeit Journalisten hingegen haben, desto weniger Muße haben sie, unter anderem auch ihre eigene Rolle zu reflektieren. Vielleicht ist das ein Grund dafür, warum gerade TV-Journalisten in diesem Wahlkampf ungleich härter mit einem Kandidaten umgingen, der schon früh als Wahlverlierer galt, als mit einer Bundeskanzlerin, die sich ihres Sieges fast schon sicher sein durfte.
TV-Journalismus ist ein anstrengendes Geschäft: Zeitdruck, Konkurrenz, Technik, neue Medien, Storytelling im Minutentakt, Menschen, Bilder, Emotionen - alles kommt zusammen. Das Fernsehen ist ein Massenmedium, muss allgemein verständlich bleiben. Ein gewisser Mainstream-Effekt stellt sich deshalb automatisch ein. Allerdings haben vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender auch einen deutlichen Bildungsauftrag. Die Sender müssen informativ, kritisch und unabhängig auch über Politik berichten. Sie sollen, zusammen mit den anderen Medien im Lande, eine Art vierte Gewalt im Staate bilden, um Exekutive, Legislative und Judikative, wo nötig, zu kontrollieren und die Öffentlichkeit angemessen zu informieren.

So feierte die CDU ihren Wahlsieg Kauder singt, Merkel tanzt

"An Tagen wie diesen": CDU-Fraktionschef Volker Kauder singt, die Parteispitze tanzt um Kanzlerin Angela Merkel. So feierten die Wahlsieger der CDU ihrem Triumph.

Unangenehm auf Angriff vs. öffentliches Kuscheln

Ist es also wirklich förderlich, wenn eine öffentlich-rechtliche TV-Moderatorin mit dem Spitzenkandidaten der Opposition nur wenige Tage vor der Wahl wegen einer in einem Foto-Interview gezeigten ironischen Geste übermäßig hart ins Gericht geht? Dass Peer Steinbrück sich nicht selbst auf den Titel des SZ-Magazins gehoben hat und dass er damit nicht die Wähler beleidigen, sondern sich auf Aufforderung gegen seine medialen Kritiker richten wollte - ist das für eine gut unterrichtete TV-Journalistin tatsächlich schwierig zu verstehen? Oder wie ist es zu erklären, dass Marietta Slomka unangenehm auf Angriff gebürstet im Interview Peer Steinbrück "aggressiv, obszön und ungehörig" nannte, nur weil er denjenigen den Stinkefinger zeigte, die ihn Pannen-Peer oder Peerlusconi geschimpft hatten?
Und wie soll man es einordnen, wenn Markus Lanz in der letzten Woche vor der Bundestagswahl in seinem abendlichen Talk, ebenfalls im ZDF, plötzlich und ohne größeren Anlass die FDP sehr deutlich meint in Schutz nehmen zu müssen - zur Verwunderung seiner Gäste?
Um es deutlich zu benennen: Journalisten, auch im TV, sollten, gerade vor einer Wahl, Politikern so kritisch wie möglich begegnen. Das gilt allerdings für alle Parteien. Ist es - wiederholt - vor allem der Spitzenkandidat der Opposition, der sich Kritik ausgeliefert sehen muss, während die regierende Kanzlerin fast komplett von solcher verschont bleibt, dann läuft da etwas falsch. Und wenn die FDP als Regierungspartei ganz selbstverständlich sehr viel Sendeplatz füllt, die anderen kleineren Parteien aber kaum noch vorkommen, ebenfalls. Denn wenn es eine Partei gibt, die zum Überwachungsskandal mehr zu sagen gehabt hätte als ihn für beendet zu erklären, warum wurden die Piraten in Sendungen zu NSA und Prism dann kaum jemals eingeladen?
Ein ähnlich beschränktes Bild bietet sich am Abend der Bundestagswahl. Die aktuellen Sendungen, gespickt mit Hochrechnungen und Schaltungen in die Parteizentralen, waren, geführt von Caren Miosga, Ulrich Deppendorf und Jörg Schönenborn in der ARD, Bettina Schausten und Theo Koll im ZDF und Peter Kloeppel bei RTL, sowie bei Phoenix und N-TV angenehm informativ, schnell und seriös wie eh und je - wären da nicht die Reporter gewesen.

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Bundestagswahl im TV Wahlkampf von falscher Seite

Einige von ihnen konnten es nicht lassen, die Oppositionspolitiker zu piesacken, unter anderem Heike Boese von RTL bei der SPD. Während CDU und CSU als Regierungsparteien fast schon mit Samthandschuhen angepackt wurden, unter anderem von Sigmund Gottlieb vom BR bei der CSU. Wohlgemerkt: Piesacken ist durchaus erlaubt, Samthandschuhe sind nicht automatisch immer die falsche Wahl. Problematisch wird es dann, wenn CDU und CSU sowohl vor als auch nach der Wahl von den Journalisten zuvorkommend behandelt, SPD, Grüne und Linke hingegen vorwiegend angriffslustig befragt und die kleineren Parteien fast ganz ausgelassen werden - abgesehen von der FDP. Da drängt sich die Frage auf, ob sich die Machtverhältnisse nach vier Jahren schwarz-gelber Regierung vielleicht schon zu stark in die gestressten Köpfe der TV-Macher eingemeißelt haben.
Dass bei der Schaltung in die Wahlzentralen die Grünen von einem kritisch nachfragenden Journalisten befragt werden, ist löblich. Aber warum fehlt der kritische Ansatz dann bei den Regierungsparteien fast völlig? Auch die Überraschung des Abends, das Rausfliegen der FDP aus dem Bundestag, blieb von den vorgeschickten TV-Journalisten freundschaftlich und verständnisvoll, nahezu mitleidig begleitet - während in den sozialen Medien und unter Usern die große Häme herrschte.

Die telemediale Macht im Staate

Wäre der Wahlabend aufgrund des bis tief in die Nacht unklaren Wahlergebnisses nicht außerdem noch ein Wahlkrimi sondergleichen gewesen, dann wäre dieser Eindruck der spannendste gewesen, den der Wahlkampf zu bieten hatte: Ein Medium greift in den Wahlkampf ein, in dem es gegen die Opposition stichelt und die (bisherige) Regierung nahezu in Ruhe lässt. Ein beunruhigendes Bild, das das Fernsehen da zwischen den Zeilen lieferte.
Kleiner Trost an diesem Abend, erstaunlich genug: Günther Jauch. In seiner Runde war es ausgerechnet CDU-Mann Wolfgang Schäuble, den er etwas härter anpackte als die anderen Geladenen. Was daran gelegen haben könnte, dass Schäuble ein bisschen zum Streiten aufgelegt war. Was aber auch daran gelegen haben könnte, dass Jauch diese Runden inzwischen wöchentlich führt, und auch am Abend der Bundestagswahl keine weiteren Ambitionen zu haben schien, als die Gesprächsrunde einigermaßen elegant über die Bühne zu bringen.
Wie genau Deutschland bis zur nächsten Bundestagswahl regiert werden wird, das werden die kommenden Tage und Wochen zeigen. Wie allerdings die TV-Journalisten bei der nächsten Gelegenheit besser mit den Kandidaten umgehen, das könnte ihnen vielleicht einer zeigen, dem man das noch bis vor nicht allzu langer Zeit am allerwenigsten zugetraut hatte: Stefan Raab. Dem zumindest beim Kanzlerduell die Mischung aus bisweilen angebrachter Respektlosigkeit und ausgleichender Freundlichkeit, weitestgehend überparteilich, noch fast am besten gelang. Verblüffend genug.
Am Ende ist es für jeden Journalisten eines jeden Mediums, der oder das sich im Wahlkampf tummelt, eine Frage der Haltung: Wie verhalte ich mich im Wechselspiel der Mächte - unabhängig von parteipolitischem Geplänkel? Doch für das Fernsehen mit seiner großen Reichweite und seinem massentauglichen Ansatz ist diese Haltung für seine Glaubwürdigkeit entscheidend. Es darf ruhig schon mal flirten mit der Macht - aber es sollte nicht in den Verdacht geraten, eine dauerhafte Affäre mit ihr einzugehen.

Jubel und Trauer nach der Bundestagswahl Eindrücke von den Wahlpartys

Deutschland hat gewählt. Als klare Siegerin geht Angela Merkel hervor, Rekordverluste muss die FDP hinnehmen. Stimmung und Stimmen von den Wahlpartys der Union, FDP, SPD, von den Grünen, der Linken und der AfD.
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