Montag, 23. September 2013

Weitere Belege der Beihilfe zum Wahlbetrug durch manche Medien:



Bundestagswahl im TV Verliebt in die Macht

Ungleichbehandlung durch die TV-Berichterstattung? Peer Steinbrück und Angela Merkel sind auf Bildschirmen während des TV-Duells zu sehen

(Foto: dpa)
Ist es Zufall, dass TV-Moderatoren mit der Opposition härter ins Gericht gehen als mit den Regierungsparteien - und das noch am Wahlabend? Als historisch gilt schon jetzt vieles an dieser Wahl. Womöglich ist auch die Objektivität des Fernsehjournalismus Geschichte. Eine TV-Kritik.
Von Ruth Schneeberger
Noch nie in der Geschichte der Bundestagswahlen sei ein Kandidat von den Medien so niedergemacht worden wie Peer Steinbrück, befand kürzlich Giovanni di Lorenzo. Letzterer ist Chefredakteur der Zeit und hat womöglich genau das: die Zeit, sich Gedanken über den Umgang der eigenen Zunft mit Politikern zu machen.
Je weniger Zeit Journalisten hingegen haben, desto weniger Muße haben sie, unter anderem auch ihre eigene Rolle zu reflektieren. Vielleicht ist das ein Grund dafür, warum gerade TV-Journalisten in diesem Wahlkampf ungleich härter mit einem Kandidaten umgingen, der schon früh als Wahlverlierer galt, als mit einer Bundeskanzlerin, die sich ihres Sieges fast schon sicher sein durfte.
TV-Journalismus ist ein anstrengendes Geschäft: Zeitdruck, Konkurrenz, Technik, neue Medien, Storytelling im Minutentakt, Menschen, Bilder, Emotionen - alles kommt zusammen. Das Fernsehen ist ein Massenmedium, muss allgemein verständlich bleiben. Ein gewisser Mainstream-Effekt stellt sich deshalb automatisch ein. Allerdings haben vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender auch einen deutlichen Bildungsauftrag. Die Sender müssen informativ, kritisch und unabhängig auch über Politik berichten. Sie sollen, zusammen mit den anderen Medien im Lande, eine Art vierte Gewalt im Staate bilden, um Exekutive, Legislative und Judikative, wo nötig, zu kontrollieren und die Öffentlichkeit angemessen zu informieren.

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Unangenehm auf Angriff vs. öffentliches Kuscheln

Ist es also wirklich förderlich, wenn eine öffentlich-rechtliche TV-Moderatorin mit dem Spitzenkandidaten der Opposition nur wenige Tage vor der Wahl wegen einer in einem Foto-Interview gezeigten ironischen Geste übermäßig hart ins Gericht geht? Dass Peer Steinbrück sich nicht selbst auf den Titel des SZ-Magazins gehoben hat und dass er damit nicht die Wähler beleidigen, sondern sich auf Aufforderung gegen seine medialen Kritiker richten wollte - ist das für eine gut unterrichtete TV-Journalistin tatsächlich schwierig zu verstehen? Oder wie ist es zu erklären, dass Marietta Slomka unangenehm auf Angriff gebürstet im Interview Peer Steinbrück "aggressiv, obszön und ungehörig" nannte, nur weil er denjenigen den Stinkefinger zeigte, die ihn Pannen-Peer oder Peerlusconi geschimpft hatten?
Und wie soll man es einordnen, wenn Markus Lanz in der letzten Woche vor der Bundestagswahl in seinem abendlichen Talk, ebenfalls im ZDF, plötzlich und ohne größeren Anlass die FDP sehr deutlich meint in Schutz nehmen zu müssen - zur Verwunderung seiner Gäste?
Um es deutlich zu benennen: Journalisten, auch im TV, sollten, gerade vor einer Wahl, Politikern so kritisch wie möglich begegnen. Das gilt allerdings für alle Parteien. Ist es - wiederholt - vor allem der Spitzenkandidat der Opposition, der sich Kritik ausgeliefert sehen muss, während die regierende Kanzlerin fast komplett von solcher verschont bleibt, dann läuft da etwas falsch. Und wenn die FDP als Regierungspartei ganz selbstverständlich sehr viel Sendeplatz füllt, die anderen kleineren Parteien aber kaum noch vorkommen, ebenfalls. Denn wenn es eine Partei gibt, die zum Überwachungsskandal mehr zu sagen gehabt hätte als ihn für beendet zu erklären, warum wurden die Piraten in Sendungen zu NSA und Prism dann kaum jemals eingeladen?
Ein ähnlich beschränktes Bild bietet sich am Abend der Bundestagswahl. Die aktuellen Sendungen, gespickt mit Hochrechnungen und Schaltungen in die Parteizentralen, waren, geführt von Caren Miosga, Ulrich Deppendorf und Jörg Schönenborn in der ARD, Bettina Schausten und Theo Koll im ZDF und Peter Kloeppel bei RTL, sowie bei Phoenix und N-TV angenehm informativ, schnell und seriös wie eh und je - wären da nicht die Reporter gewesen.

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Bundestagswahl im TV Wahlkampf von falscher Seite

Einige von ihnen konnten es nicht lassen, die Oppositionspolitiker zu piesacken, unter anderem Heike Boese von RTL bei der SPD. Während CDU und CSU als Regierungsparteien fast schon mit Samthandschuhen angepackt wurden, unter anderem von Sigmund Gottlieb vom BR bei der CSU. Wohlgemerkt: Piesacken ist durchaus erlaubt, Samthandschuhe sind nicht automatisch immer die falsche Wahl. Problematisch wird es dann, wenn CDU und CSU sowohl vor als auch nach der Wahl von den Journalisten zuvorkommend behandelt, SPD, Grüne und Linke hingegen vorwiegend angriffslustig befragt und die kleineren Parteien fast ganz ausgelassen werden - abgesehen von der FDP. Da drängt sich die Frage auf, ob sich die Machtverhältnisse nach vier Jahren schwarz-gelber Regierung vielleicht schon zu stark in die gestressten Köpfe der TV-Macher eingemeißelt haben.
Dass bei der Schaltung in die Wahlzentralen die Grünen von einem kritisch nachfragenden Journalisten befragt werden, ist löblich. Aber warum fehlt der kritische Ansatz dann bei den Regierungsparteien fast völlig? Auch die Überraschung des Abends, das Rausfliegen der FDP aus dem Bundestag, blieb von den vorgeschickten TV-Journalisten freundschaftlich und verständnisvoll, nahezu mitleidig begleitet - während in den sozialen Medien und unter Usern die große Häme herrschte.

Die telemediale Macht im Staate

Wäre der Wahlabend aufgrund des bis tief in die Nacht unklaren Wahlergebnisses nicht außerdem noch ein Wahlkrimi sondergleichen gewesen, dann wäre dieser Eindruck der spannendste gewesen, den der Wahlkampf zu bieten hatte: Ein Medium greift in den Wahlkampf ein, in dem es gegen die Opposition stichelt und die (bisherige) Regierung nahezu in Ruhe lässt. Ein beunruhigendes Bild, das das Fernsehen da zwischen den Zeilen lieferte.
Kleiner Trost an diesem Abend, erstaunlich genug: Günther Jauch. In seiner Runde war es ausgerechnet CDU-Mann Wolfgang Schäuble, den er etwas härter anpackte als die anderen Geladenen. Was daran gelegen haben könnte, dass Schäuble ein bisschen zum Streiten aufgelegt war. Was aber auch daran gelegen haben könnte, dass Jauch diese Runden inzwischen wöchentlich führt, und auch am Abend der Bundestagswahl keine weiteren Ambitionen zu haben schien, als die Gesprächsrunde einigermaßen elegant über die Bühne zu bringen.
Wie genau Deutschland bis zur nächsten Bundestagswahl regiert werden wird, das werden die kommenden Tage und Wochen zeigen. Wie allerdings die TV-Journalisten bei der nächsten Gelegenheit besser mit den Kandidaten umgehen, das könnte ihnen vielleicht einer zeigen, dem man das noch bis vor nicht allzu langer Zeit am allerwenigsten zugetraut hatte: Stefan Raab. Dem zumindest beim Kanzlerduell die Mischung aus bisweilen angebrachter Respektlosigkeit und ausgleichender Freundlichkeit, weitestgehend überparteilich, noch fast am besten gelang. Verblüffend genug.
Am Ende ist es für jeden Journalisten eines jeden Mediums, der oder das sich im Wahlkampf tummelt, eine Frage der Haltung: Wie verhalte ich mich im Wechselspiel der Mächte - unabhängig von parteipolitischem Geplänkel? Doch für das Fernsehen mit seiner großen Reichweite und seinem massentauglichen Ansatz ist diese Haltung für seine Glaubwürdigkeit entscheidend. Es darf ruhig schon mal flirten mit der Macht - aber es sollte nicht in den Verdacht geraten, eine dauerhafte Affäre mit ihr einzugehen.

Jubel und Trauer nach der Bundestagswahl Eindrücke von den Wahlpartys

Deutschland hat gewählt. Als klare Siegerin geht Angela Merkel hervor, Rekordverluste muss die FDP hinnehmen. Stimmung und Stimmen von den Wahlpartys der Union, FDP, SPD, von den Grünen, der Linken und der AfD.
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