Scheinbar scheint das bei vielen Medien schon im fortgeschrittenen Stadium zu
sein? Vielleicht haben bemüht investigative Journalisten schon längst bemerkt,
dass die EU-Machthaber im Grunde absehbar nach wie vor keinen schlüssigen
Plan haben, in Bezug auf die Staatsverschuldung Griechenlands:
Gestern hat die Hans-Böckler-Stiftung bemerkenswertes, um nicht zu sagen
irritierendes bekannt gegeben - weiter unten!
Dabei haben die allermeisten Politiker ein eigenes Haus und haben daher
einen gewissen Eindruck, dass es manchal nötig sein kann umzuschulden,
weil bestehende Finanzierungsverträge aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse
in der Form nicht aufrechtzuerhalten sind!
Ist das nun eine gewisse kollektive Böswilligkeit, dass sich immer wieder
Macht-Politiker an dem unzureichenden Satz klammern; "Verträge müssen
eingehalten werden" ??? Wie machen die das nur, das Parteiendiktat macht
also auch er geistig und menschlich unbeweglicher ??!
Ein schönes Wochenende wünscht Thomas Karnasch
13.00
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ZDF-Mittagsmagazin
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EU-Gipfel in Brüssel - Läßt die Gemeinschaft Griechenland fallen?; Gleiches Geld für gleiche Arbeit - Equal-pay-day für...
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19.03.2015
Neue Untersuchung auf breiter Datenbasis
Griechenland: Sparkurs hat die verfügbaren Haushaltseinkommen um fast ein Drittel einbrechen lassen – schwere soziale Unwucht
Der Austeritätskurs in Griechenland hat die Einkommen der
privaten Haushalte in dem Krisenland drastisch einbrechen und die Armut
ansteigen lassen. Wie stark und mit welchen Folgen, macht eine neue
Studie im Auftrag des Instituts für Makroökonomie und
Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung deutlich. Die
Auswertung einer umfangreichen Stichprobe von Steuer- und
Einkommensdaten ergibt: Im Schnitt sind die nominalen Bruttoeinkommen
der griechischen Privathaushalte in nur vier Jahren von 2008 bis 2012 um
ein knappes Viertel gesunken. Lohnkürzungen verursachten knapp die
Hälfte dieses Rückgangs. Diese Kürzungen fielen weit umfassender aus als
nötig gewesen wäre, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der
griechischen Wirtschaft zu stärken, analysieren die Studienautoren Prof.
Dr. Tassos Giannitsis und Prof. Dr. Stavros Zografakis. Die
Nettoeinkommen fielen um weitere fast 9 Prozent, weil die
Steuerbelastung deutlich erhöht wurde. Zwar büßten alle sozialen
Schichten durch Kürzungen, Steuererhöhungen und Wirtschaftskrise
beträchtlich an Einkommen ein. Besonders stark waren aber Haushalte mit
niedrigem und mittlerem Einkommen betroffen. Das liegt unter anderem am
starken Anstieg der Arbeitslosigkeit und an Steuererhöhungen, die
teilweise regressiv wirkten. Zudem erlitten Beschäftigte in der
Privatwirtschaft insgesamt deutlich höhere Einkommensverluste, und sie
waren stärker von Arbeitslosigkeit bedroht als die Beschäftigten im
öffentlichen Sektor.
„Die Untersuchung liefert auf repräsentativer Datenbasis die
Chronik eines angekündigten Desasters. Die nüchternen Zahlen zeigen, wie
Millionen Menschen in Griechenland durch eine überharte und sozial
völlig unausgewogene Austeritätspolitik wirtschaftlich abgestürzt sind“,
sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, der wissenschaftliche Direktor des IMK.
„Hunderttausende sind in ihrer Existenzgrundlage bedroht, weil die von
der Troika aus EU, EZB und IWF geforderte und von den bisherigen
Regierungen sehr kurzsichtig und zum Teil interessengeleitet umgesetzte
Sparpolitik kaum soziale Abfederung kannte. Volkswirtschaftlich hatten
diese Opfer keinen Sinn, weil sie das Nachfragepotenzial derart
reduziert haben, dass die griechische Wirtschaft noch lange brauchen
wird, um wieder auf einen einigermaßen stabilen Entwicklungspfad zu
kommen. Ein Politikwechsel ist dringend erforderlich. Ein konsequentes
Vorgehen gegen Steuerflucht und Steuerhinterziehung ist notwendig und
auch eine andere Lastverteilung zwischen wohlhabenden und ärmeren
Haushalten. Zudem muss eine Konsolidierungspolitik, die Erfolg haben
soll, insgesamt mehr auf Wachstum und Investitionen zielen.“
Breite und aktuelle Datenbasis
Für ihre Studie konnten Tassos Giannitsis, emeritierter
Wirtschaftsprofessor an der Universität Athen und zwischen 2000 und 2004
Minister im Kabinett von Premierminister Konstantinos Simitis, und
Stavros Zografakis, Professor an der Athener Landwirtschaftsuniversität,
auf eine repräsentative Stichprobe von Steuerdaten zurückgreifen. Die
Forscher analysierten unter anderem Datensätze von rund 260.000
Haushalten, die jeweils für die Jahre 2008 bis 2012 vorlagen.
Überzogene Lohnkürzungen
Die Forscher messen einen deutlichen Rückgang bei fast allen
Einkommensarten: Gewinne und Selbständigeneinkünfte sind seit 2008
deutlich zurückgegangen. Die größte Reichweite in der griechischen
Bevölkerung hatten die drastischen Lohnkürzungen, zeigt die Studie:
Löhne und Gehälter in der Privatwirtschaft sanken zwischen 2009 und 2013
in mehreren Runden um rund 19 Prozent. Unter anderem, weil der
Mindestlohn gesenkt und Tarifvertragsstrukturen geschwächt wurden.
Beschäftigte in öffentlichen Unternehmen verloren sogar etwa ein Viertel
ihrer Einkommen.
Auch wenn man anerkenne, dass die internationale
Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft unter zu starken
Lohnerhöhungen in den 2000er Jahren gelitten habe, sei der Umfang der
Kürzungen weit überzogen – um mindestens zehn Prozentpunkte, schätzen
die Forscher. Dementsprechend falle die gesamtwirtschaftliche Bilanz
eindeutig negativ aus, rechnen Giannitsis und Zografakis vor: Verglichen
mit 2009 sei die Lohnsumme 2013 um 25 Milliarden Euro niedriger
gewesen, die inländische Gesamtnachfrage fiel sogar um 53 Milliarden.
Dagegen hätten sich die Exporte um lediglich 3,8 Milliarden Euro erhöht –
„eine auffällig schwache Entwicklung angesichts der auferlegten
Reduzierungen bei den Arbeitskosten“, schreiben die Ökonomen.
Höchste Belastungen für Beschäftigte in der Privatwirtschaft
Ebenfalls bemerkenswert: Die Lohneinbußen für Beschäftigte im
Kernbereich des öffentlichen Dienstes fielen geringer aus als für
Mitarbeiter in der Privatwirtschaft: Giannitsis und Zografakis rechnen
hier mit einem Rückgang um insgesamt 8 Prozent von 2009 bis 2013.
Vielfach seien zunächst verfügte Kürzungen für Beamte oder direkt beim
Staat Angestellte nicht umgesetzt worden, oder sie wurden nach kurzer
Zeit zurückgenommen, zum Teil auf Basis von Gerichtsentscheidungen.
Durch die ungleiche Behandlung sei der schon in
Vorkrisenzeiten enorm hohe Lohnvorsprung des öffentlichen Dienstes
weiter gewachsen: von rund 35 auf etwa 43 Prozent. Diese Zahlen
illustrieren aus Sicht der Forscher eine von mehreren hoch
problematischen Unwuchten bei der Umsetzung des Austeritätskurses: Alle
Regierungen hätten eine ineffiziente öffentliche Verwaltung, die zudem
in den Jahren unmittelbar vor der Krise noch kräftig aufgestockt worden
sei, so weit wie möglich schonen wollen, was den Privatsektor umso
schwerer belastete.
Arbeitslosigkeit und Frühpensionierungen
Neben den Lohnkürzungen reduzierten auch zahlreiche Entlassungen
und Unternehmensschließungen die Einkommen von Arbeitnehmern und
Selbständigen, so Giannitsis und Zografakis. Die Arbeitslosigkeit sprang
zwischen dem 2. Quartal 2008 und dem 2. Quartal 2014 von 7,3 auf 26,6
Prozent. Die Arbeitslosenquote der Jugendlichen zwischen 15 und 29 lag
im vergangenen Jahr bei gut 44 Prozent.
Parallel zur Arbeitslosigkeit ist nach Analyse der Forscher
auch die Zahl der Frühverrentungen stark angestiegen. Verglichen mit
2008 lag die Zahl der Neu-Rentner, die zuvor in der Privatwirtschaft
beschäftigt waren, um 14 Prozent höher. Die Renteneintritte aus dem
öffentlichen Dienst dürften sogar um mehr als 48 Prozent zugenommen
haben. Auch wenn im Einzelfall nicht geklärt werden könne, welche Gründe
der Zuwachs hat, sehen die Forscher einen klaren Zusammenhang zur
Krisenpolitik: Mit verstärkten Frühverrentungen hätten die früheren
griechischen Regierungen die Forderung der Troika nach schneller
Verkleinerung des öffentlichen Dienstes sozial abgefedert erfüllen
wollen. Diese Frühverrentungswelle stelle allerdings die griechischen
Rentenkassen vor extreme Probleme.
Steuern wurden stark erhöht, wirken aber regressiv
Die direkten Steuern stiegen nach Berechnung der Forscher seit
Beginn der Krise in Griechenland um knapp 53 Prozent, die indirekten
Steuern um 22 Prozent. Die Steuerpolitik habe so zwar nennenswert zur
Konsolidierung des öffentlichen Haushalts beigetragen, aber dabei die
soziale Schieflage noch vergrößert, betonen Giannitsis und Zografakis.
So sei zu wenig gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung getan
worden, statt dessen wurde die Steuerbasis faktisch „nach unten“
erweitert und Haushalte mit geringem Einkommen und Vermögen stärker
belastet.
Im Verhältnis zu ihrer Besteuerung vor der Krise müssten
daher insbesondere ärmere Haushalte überproportional mehr zahlen,
schreiben die Wissenschaftler. So stieg die Steuerbelastung der unteren
Einkommenshälfte um 337 Prozent, die der oberen Hälfte dagegen lediglich
um neun Prozent. In absoluten Euro-Beträgen erhöhten sich die
jährlichen Steuerforderungen an viele ärmere Haushalte zwar „nur“ um
einige hundert Euro. Angesichts von rapide sinkenden Einkommen und
grassierender Arbeitslosigkeit überforderten diese Beträge aber schon
viele, betonen Giannitsis und Zografakis.
Alle verlieren , doch die Ärmeren am stärksten
Im Durchschnitt gingen die jährlichen Einkommen der griechischen
Haushalte vor Steuern von rund 23.100 Euro 2008 zurück auf knapp 17.900
Euro im Jahr 2012. Das entspricht einem Verlust von knapp 23 Prozent.
Dabei fielen die Einbußen stark unterschiedlich aus, die ärmsten
Haushalte verloren relativ am stärksten. Das zeigt sich, wenn man die
Haushalte nach ihrem Einkommen im Jahr 2012 Dezilen zuordnet: So verlor
das 1. Dezil – die 10 Prozent Haushalte mit den niedrigsten Einkommen –
gegenüber 2008 rund 86 Prozent. Im 2. und 3. Dezil lagen die Einbußen
bei rund 51 und etwa 31 Prozent. Fast jeder dritte griechische Haushalt
musste so 2012 mit einem Jahreseinkommen unter 7.000 Euro auskommen. In
den Dezilen 4 bis 7 reichten die Einkommenseinbußen von knapp 25 bis
etwa 18 Prozent. Die 30 Prozent der Haushalte mit den höchsten Einkommen
verloren zwischen knapp 20 und 17 Prozent.
Armutsschwelle sinkt, Armutsquote steigt
Aggregierte Indikatoren zur Messung der Einkommensverteilung
könnten die teilweise existenzbedrohenden finanziellen Einbußen, die
insbesondere ärmere Haushalte erlitten haben, nur unzureichend abbilden,
betonen die Wissenschaftler. Da gleichzeitig auch bei den reicheren
Haushalten erhebliche Einkommensverluste entstanden, veränderte sich
etwa der Gini-Koeffizient für Griechenland, der schon vor der Krise eine
im europäischen Vergleich sehr ungleiche Verteilung anzeigte, kaum:
Nach einigen Quellen stieg er geringfügig, nach anderen sank er ein
wenig.
Auch die – ebenfalls traditionell hohe – Armutsquote in
Griechenland scheint auf den ersten Blick nur relativ moderat
angestiegen zu sein: Hatten 2008 knapp 28 Prozent der Haushalte nur ein
Einkommen, das weniger als 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens
betrug, lagen 2012 gut 31 Prozent oder rund 1,6 Millionen Haushalte
unter dieser relativen Armutsgrenze. Allerdings unterzeichneten diese
Zahlen das wahre Problem drastisch, so Giannitsis und Zografakis: Denn
im gleichen Zeitraum sank durch die allgemeinen Einkommensverluste auch
die 60-Prozent-Schwelle erheblich – um 11,5 Prozent von 8767 Euro
Jahreseinkommen auf nur noch 7756 Euro.
Weitere Informationen:
Tassos Giannitsis, Stavros Zografakis:
Greece: Solidarity and Adjustment in Times of Crisis (pdf),
Studie gefördert vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung
(IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung; IMK Study 38, März 2015.
Infografiken in: Boeckler Impuls 05/15
Sparen trifft die Schwächsten
Mehr Arme trotz gesunkener Armutsschwelle
Kontakt:
Prof. Dr. Gustav A. Horn
Wissenschaftlicher Direktor IMK
Dr. Rudolf Zwiener
IMK
Rainer Jung
Leiter Pressestelle