Donnerstag, 9. August 2012

Korrespondent in Syrien: "Arbeiten unter Aufsicht des Regimes"



Armbruster in Damaskus  
ARD-Korrespondent in Syrien

Arbeiten unter Aufsicht des Regimes

Dreharbeiten in Damaskus - das ist Berichterstattung unter erschwerten Bedingungen und unter der ständigen Aufsicht des Assad-Regimes. Doch auch in der syrischen Hauptstadt gibt es Oppositionelle, die den Diktator offen kritisieren. Ein Einblick in die Arbeit eines Auslandskorrespondenten.
Von Jörg Armbruster, ARD-Studio Kairo, zurzeit in Damaskus
Eigentlich sollte der vergangene Montag ein Ruhetag werden für das ganze Team. Zehn Tage lang hatten wir am Fließband Stücke über die Lage in Syrien produziert, aus einem Studio des syrischen Fernsehens live berichtet und auch noch Radiomagazine mit Telefonberichten versorgt. Dafür hatten wir in Müllbergen verscharrte Leichen gedreht oder Hinrichtungsstätten mit Blutspuren und Einschusslöcher in Hauswänden, waren den Konvois der UN-Beobachtern hinterhergerast, hatten Syrer interviewt und irgendwann sogar echte Oppositionelle entdeckt, die es wagten das Regime offen vor der Kamera zu kritisieren.
Stadtzentrum von Damaskus am 17. Juli 2012 (Foto: AFP) Großansicht des Bildes In Damaskus gehen die Menschen weiter ihrem Alltag nach (Aufnahme vom 17. Juli). Jetzt aber war Relaxen angesagt, wenigstens für einen halben Tag. Arbeiten durften wir ohnehin nicht mehr. Unser für zehn Tage genehmigtes Arbeitsvisum war schon am Sonntagabend abgelaufen. "Kommt nicht auf die Idee, heimlich was zu machen", hatte Abir uns gewarnt. Das ist die strenge Dame vom Informationsministerium, an der kein ausländischer Korrespondent vorbeikommt. Doch mehr über sie später.

Also: Kamera auspacken, Pool vergessen

Aus dem Ruhetag wurde nichts. Erst explodiert an diesem Montag eine Bombe im Syrischen Staatsfernsehen, Gott sei Dank geringer Schaden, keine Toten, aber der dritte Stock zerstört, dort wo wir unsere Lives immer gemacht haben. Dann haut auch noch der Ministerpräsident des Landes, Riad Hidschab, mit Familie und einigen Kollegen nach Jordanien ab, weil er plötzlich die verbrecherische Seite des Assad-Regimes und seine wahrscheinlich schon seit langem schlummernde Leidenschaft für Demokratie entdeckt zu haben glaubt.
Riad Hidschab (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes Riad Hidschab wurde erst im Juni von Assad zum neuen Regierungschef bestimmt. Genau zwei Monate zuvor war er von seinem Chef Baschar al Assad vom Landwirtschaftsminister zum Premierminister befördert worden, angeblich mit vorgehaltener Pistole. So jedenfalls  stellt sein Sprecher diesen plötzlichen Karriereschub dar. Nach der Flucht natürlich.
Also: Kamera auspacken, unser Schnittprogramm Avid anwerfen, die Erholung am Pool vergessen. Dass Radioprogramme anrufen und sowohl Bombenexplosion und die Flucht des Ministerpräsidenten, der in der syrischen Politik nie eine wirklich wichtige Rolle gespielt hatte, eingeordnet haben wollen, versteht sich von selber. Die immer wiederkehrende Frage: "Ist das der Anfang vom Ende?" "Wie lange hält sich Assad noch?" Antwort auf die erste: "Ja!" und auf die zweite: "Weiß ich nicht!"

Arbeiten unter Aufsicht des Ministeriums

Von Abir, der Dame vom Informationsministerium, haben wir nichts gehört, keine Rüge, weil wir trotz Verbots gearbeitet hatten, keine Drohung, in Zukunft keine Visa mehr auszugeben, gar nichts. Vielleicht kann sie sich einfach nicht vorstellen, dass man es wagen könnte, gegen ihre Verbote zu verstoßen.  Damit ist klar, welche Schlüsselrolle diese Dame für Auslandskorrespondenten spielt. Sie ist gewissermaßen der Daumen des Regimes. Sie hebt oder senkt ihn bei Visa, sie hört sich gelangweilt an, was und wo wir drehen wollen, und wieder entscheidet ihr Daumen über ja oder nein.
Der aller erste Gang eines Auslandskorrespondenten  in Damaskus führt zu ihr. Hinter einem wuchtigen Schreibtisch aus dunklem Holz sitzt sie. Das Büro groß mit den üblichen Assad-Bildern an den Wänden, denen ein paar Eimer Farbe nicht schaden würde. Ein Fernseher läuft mit syrischen Nachrichten: „Die heldenhaften Soldaten vertreiben die von den USA gesteuerten Terroristen.“  Wir sitzen in einer ausgeleierten Couchgarnitur im Stil des arabischen Barocks und sehen sie erwartungsvoll an. Ein paar Floskeln über die Hitze, die Schönheit des Viertels sollen den Eispanzer brechen, der sie umgibt.

Alle fünf Tage eine neue Dreherlaubnis

Ist sie einigermaßen erträglich gelaunt, bringt eine verschüchterte Sekretärin Tee, hat Abir schlechte Laune, was nicht selten vorkommt, bekommt man nichts, was nicht weiter schlimm ist, der Tee ist ohnehin immer unerträglich überzuckert. Für uns gilt: Immer freundlich bleiben, und wenn sie fragt, was man von Syrien hält, dann dreimal schlucken und vorsichtig andeuten, dass das Land sicherlich noch eine große Zukunft vor sich habe. Lächelt sie zufrieden, ist das die beste Gelegenheit, Dreh- und Interviewwünsche vorzutragen. Sie hört zu, runzelt die Stirn, gleicht in ihrem Kopf unsere Wünsche mit den Vorschriften ihrer Vorgesetzten ab. Dann kommt die Sache mit dem Daumen. Erst wer diesen Bittgang erfolgreich hinter sich gebracht hat, kann seine Kamera auspacken und mit der Arbeit anfangen.

Weitere Meldungen

Sendungsbild
Weitere Meldungen Dieser Krieg nimmt auf Zivilisten keine Rücksicht Westliche Reporter können Berichte aus Syrien vor Ort nur sehr selten überprüfen. ARD-Korrespondent Jörg Armbruster hatte die Möglichkeit, in der Gegend um Damaskus zu recherchieren. [mehr]
Alle fünf Tage wiederholt sich diese Prozedur. Alle fünf Tage muss die Dreherlaubnis erneuert werden. Allerdings, wer glaubt mit einem Brief von Abir einen Freifahrtschein in der Tasche zu haben, irrt. Spätestens an der nächsten Straßensperre kann der Kommandant ein Drehverbot erteilen. Keine Dreherlaubnis für diesen Stadtteil, in dem gerade noch gekämpft worden war, keine Dreherlaubnis an dieser Moschee, die Kamera könnte Demonstrationen provozieren, keine Dreherlaubnis an jener Straßenkreuzung, dort stehen zu viele Soldaten. Keine Dreherlaubnis hier, keine dort.
Höchstens mal ein Interview. Aber was heißt hier schon  Interviews? Die Antworten sind immer dieselben, egal wen man fragt; denn neben der Kamera steht ein Begleiter des Informationsministeriums, der genau zuhört. Es wäre also verwunderlich, wenn jemand eine große Lippe gegen Assad riskierte. Er müsste jederzeit mit einem Besuch des syrischen Geheimdienstes rechnen.

Einige Oppositionelle werden geduldet

Ein zerstörtes Auto in der syrischen Stadt Damaskus (Foto: dapd) Großansicht des Bildes Die Kämpfe gehen auch im Zentrum von Damaskus weiter (Aufnahme vom 21. Juli). Und doch gibt es echte Oppositionelle in Damaskus, die sich sogar offen dazu bekennen, die offen sagen: "Assad muss weg. Früher oder später." Sie treffen sich regelmäßig, ihre Wohnungen sind bekannt, und sie werden geduldet vom Regime, vielleicht als Feigenblatt, vielleicht als Rückversicherung in die Zukunft. Es sind junge Syrer, die heftig die Zeit nach Assad planen. Liberale und Linke zumeist, die sich zumindest untereinander kennen und sich austauschen. Dabei sind auch altgediente Oppositionelle, die selber lange als politische Gefangene eingesperrt waren und trotz Folter ungebrochen an einem neuen Syrien arbeiten.
Was sie voneinander unterscheidet, ist der Grad des Zorns auf das Regime. Die Skala reicht vom Verdruss über die Starrheit des politischen Systems bis zur Empörung über die Diktatur mit ihren Menschenrechtsverletzungen. Was sie eint, ist die Forderung: Das Regime muss weg. Aber - im Unterschied zur Opposition im Exil - dies nur mit friedlichen Mitteln.

"Wir müssen träumen"

Die Opposition in Damaskus setzt nach wie vor auf einen Wandel ohne Gewalt, einen ohne ausländische Intervention. Sie hoffen, dass die beiden Großmächte, USA und Russland, auf ihren jeweiligen Syrien-Verbündeten einwirken, um einen Waffenstillstand zu erreichen. Annan war ein Hoffnungsträger für sie. Und fragt man sie: "Ist das alles nicht ein Traum? Jetzt noch friedlicher Wandel? Wie soll das möglich sein?" Dann antworten die Jungen: "Wir müssen träumen, sonst zerstören wir unser Land." Und die Alten sagen: "Wir haben einen schlimmen Albtraum hinter uns, aber mit dem Bürgerkrieg haben wir einen noch viel schlimmeren vor uns."
Stand: 09.08.2012 11:53 Uhr
 

Mittwoch, 8. August 2012

Syrien: bei derart grausamen Menschenrechtsverletzungen kann UN Vollversammlung Despoten in Peking und Moskau überstimmen !!!

Menschenrechte

Als Menschenrechte werden subjektive Rechte bezeichnet, die jedem Menschen gleichermaßen zustehen. Das Konzept der Menschenrechte geht davon aus, dass alle Menschen allein aufgrund ihres Menschseins mit gleichen Rechten ausgestattet und dass diese egalitär begründeten Rechte universell, unveräußerlich und unteilbar sind.[1] Die Idee der Menschenrechte ist eng verbunden mit dem Humanismus und der im Zeitalter der Aufklärung entwickelten Idee des Naturrechtes.
Das Bestehen von Menschenrechten wird heute von fast allen Staaten prinzipiell anerkannt. Die Universalität ist gleichwohl Grundlage politischer Debatten und Auseinandersetzungen.
Menschenrechte werden heute gewöhnlich als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat zum Schutz seiner Freiheitssphäre verstanden.[2] Weil aber Menschenrechte auch von dritter Seite bedroht werden, wird davon ausgegangen, dass außerdem zu jedem Menschenrecht eine staatliche Schutzpflicht gehört, mit der erst ein Menschenrecht vollständig verwirklicht werden kann. Durch die Ratifizierung von internationalen Menschenrechtsabkommen sowie durch deren Verankerung in ihren nationalen Verfassungen verpflichten sich die Staaten, die Grundrechte und Völkerrechte zunehmend umzusetzen, als einklagbare Rechte auszugestalten.
In einem engeren Sinne wird der Begriff „Menschenrechte“ auch als Gegenbegriff zu „Bürgerrechte“ verstanden: Er steht dann für Grundrechte, die unabhängig von der Staatsangehörigkeit allen Menschen zustehen.

Inhaltsverzeichnis

Wesen der Menschenrechte

Universalität

Universalität im Menschenrecht steht für Allgemeingültigkeit. Das heißt, dass Menschenrechte überall für alle Menschen gültig sind. Damit die erste subjektive Bedeutung praktisch realisierbar ist, muss die zweite intersubjektive Bedeutung erfüllt werden: Die Anerkennung des Menschenrechtes und dessen Geltung für jeden Menschen. Dabei ist jeder Mensch dazu verpflichtet, die Menschenrechte seiner Mitmenschen zu respektieren. Denn wenn sich jemand auf die Menschenrechte beruft, aber diese in der Mitwelt nicht anerkannt werden, ist die Berufung eines jeden Menschen auf dieselben Menschenrechte zum Schutze seiner elementaren Interessen, nicht erfüllt worden. Deshalb werden tragfähige und rechtliche Instrumente gebraucht, um die allgemeingültige Anerkennung der Menschenrechte zu garantieren. Dabei sind alle Staaten, die der UNO beigetreten sind, dazu verpflichtet worden, die Menschenrechte in ihren nationalen Rechtssystemen zur vollen Geltung zu bringen.[3]

Egalität

Egalität ist die Bezeichnung für Gleichheit. In Deutschland ist die Egalität ein verfassungsmäßiges Recht, welches nach Artikel 3 Absatz 1 jedem Menschen die Menschenrechte gleichermaßen garantiert. So ist jeder Mensch vom Gesetz gleich, und im Geschlecht gleichberechtigt. Es darf also niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder wegen seiner Behinderung benachteiligt oder bevorzugt werden.[4]
Allen einzeln genannten Menschenrechten übergeordnet ist das Prinzip der Gleichberechtigung, das durch Maßnahmen der Gleichstellung umgesetzt wird.[4]
Die heutige Diskussion um die Gleichberechtigung von Mann und Frau dreht sich in der Sache um diese wichtige Grundsatznorm. Dabei wird häufig eine soziale oder gesellschaftliche Gleichheit oder Gleichstellung mit dem Differenzierungsverbot der Grund- und Menschenrechte verwechselt. Die Forderung nach faktischer Gleichstellung lässt sich auf den Grundsatz der Universalität offenbar nicht stützen.
Das Universalitätsprinzip oder Differenzierungsverbot verbietet die in ihm genannten rechtlichen Differenzierungen. Es verlangt weder Gleichheit noch deren logischen Unterfall Chancengleichheit. Chancengleichheit gegenüber dem Staat ist ein tatsächlicher Rechtsreflex der Regelung, soweit sie reicht.
(Chancen-)Gleichheit in allen auch privaten Bereichen des Lebens ist nicht Inhalt der Regelung. Sie staatlich auf diesem oder jenem Gebiet oder Teilgebiet erreichen zu wollen, kollidiert leicht und logisch unausweichlich mit der obersten Maxime der Menschenrechte, wenn nicht auf andere Kriterien als die im Differenzierungsverbot genannten abgestellt wird. Auf Rasse, Farbe, Geschlecht, Herkunft etc. darf beispielsweise niemals bevorzugend oder benachteiligend abgestellt werden. Zulässige Kriterien sind beispielsweise Krankheiten, Behinderungen, mangelnde oder überragende Begabungen usw.

Unteilbarkeit

Ergänzend zum Grundsatz der Universalität der Menschenrechte wird auch der Anspruch ihrer Unteilbarkeit erhoben. Menschenrechte müssen demnach stets in ihrer Gesamtheit verwirklicht sein. Eine Umsetzung von Freiheitsrechten ist nicht möglich, wenn nicht gleichzeitig das Recht auf Nahrung verwirklicht ist. Umgekehrt geht die Verletzung wirtschaftlicher oder kultureller Rechte, etwa Zwangsvertreibung, Verbot von Sprachen oder Entzug von Lebensgrundlagen, in der Regel auch mit der Verletzung bürgerlicher und politischer Rechte einher.

Normativer Gehalt der Menschenrechte

Rechtsquellen

Die international maßgebliche Quelle für den Bestand und Gehalt der Menschenrechte ist die International Bill of Human Rights der Vereinten Nationen.[5] Neben der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948, bei der es sich jedoch nur um eine von der UN-Generalversammlung verabschiedete Erklärung handelt, die nicht unmittelbar für die Mitgliedstaaten bindend ist, sind die zentralen Menschenrechtsinstrumente innerhalb dieses Korpus:
  1. der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, sowie
  2. der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Beide Pakte wurden 1966 von der UN-Generalversammlung verabschiedet und traten zehn Jahre später in Kraft, nachdem sie von der geforderten Anzahl von Mitgliedstaaten ratifiziert wurden. Sie sind für alle Mitgliedstaaten, die sie ratifiziert haben, bindendes Recht.
Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von Konventionen, die den Schutz einzelner Menschenrechte eingehend regeln, so etwa
  1. die Genfer Flüchtlingskonvention
  2. die UN-Kinderrechtskonvention
  3. die Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
  4. die UN-Antifolterkonvention
  5. die Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung
  6. die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes
  7. die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen
  8. die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
Dazu kommen auf den verschiedenen Kontinenten regionale Menschenrechtsabkommen. In Europa ist dies die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) bzw. Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Sie enthält einen Katalog von Grundrechten und Menschenrechten. Die Konvention wurde im Rahmen des Europarats ausgehandelt, am 4. November 1950 in Rom unterzeichnet und trat am 3. Juli 1953 in Kraft. Auch Afrika, der amerikanische Doppelkontinent und Asien verfügen über jeweils eigene regionale Menschenrechtsabkommen.

Bürgerliche und politische Rechte

Persönlichkeitsrechte (grundlegende Rechte)

Freiheitsrechte

Hauptartikel: Freiheitsrechte

Justizielle Menschenrechte

Soziale Menschenrechte

Zu den im Internationalen Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte festgelegten Rechtsnormen gehören u. a.:
Gegen die Existenz wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Rechte wird bisweilen vorgebracht, dass hier das althergebrachte Abwehrrecht (status negativus) in einen status positivus (Anspruch auf Gewährung positiver sozialer Leistungen) umschlage.
Die Charakterisierung bürgerlicher und politischer Rechte als reine Abwehrrechte geht jedoch ebenso fehl, wie die der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte als reine Gewährleistungsrechte.
So ist etwa die Gewährleistung innerer und äußerer Sicherheit und einer unabhängig funktionierenden Justiz eine positive Staatsleistung. Diese wird jedoch weitaus überwiegend als eigentlicher Staatszweck und damit als gerechtfertigt angesehen. Ähnliches gilt für die Durchsetzung allgemeiner und freier Wahlen.
Gleichzeitig treten soziale, wirtschaftliche oder kulturelle Rechte oftmals als Abwehrrechte auf. Dazu zählen die Unterlassung von Zwangsvertreibung im Zuge eines innerstaatlichen Konflikts wie auch die Respektierung des Rechts eines indigenen Volks auf Beibehaltung seiner Sprache, seines Rechtssystems oder seiner Institutionen.
Daher sehen die sogenannten Limburger Prinzipien, die 1986 von einer Gruppe von Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen erarbeitet wurden, für jedes Menschenrecht drei Arten von Verpflichtungen vor, denen der Staat nachzukommen hat:[6]
  1. Respektierungspflicht: Der Staat ist verpflichtet, Verletzungen der Rechte zu unterlassen;
  2. Schutzpflicht: Der Staat hat die Rechte vor Übergriffen von Seiten Dritter zu schützen;
  3. Gewährleistungspflicht: Der Staat hat für die volle Verwirklichung der Menschenrechte Sorge zu tragen, wo dies noch nicht gegeben ist.
Das Verständnis der Menschenrechte als reine Abwehrrechte erfasst lediglich die erste dieser drei Pflichten. Innerhalb des Menschenrechtssystems der Vereinten Nationen kann jedoch das umfassendere Menschenrechtsverständnis, das aus den Limburger Prinzipien hervorgeht, mittlerweile als anerkannt gelten.
Generell ist anzumerken, dass die europäische Tradition die bürgerlichen und politischen Rechte oftmals als einzig „echte“ Rechte begreift, wohingegen in Ländern, in denen Hunger oder Vertreibung oder Zugang zu Wasser brennende Probleme darstellen, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte mehr Aufmerksamkeit erfahren. So blendet etwa die Europäische Menschenrechtskonvention diesen Bereich vollständig aus, während er in der Menschenrechtscharta der Organisation für Afrikanische Einheit eine zentrale Rolle spielt.

Geschichte der Menschenrechte

In diesem Abschnitt fehlen folgende wichtige Informationen: Philosophische Begründungsmodelle der Menschenrechte (Vorhandenes erweitern); Menschenrechte in der Reformationszeit (Religionsfreiheit) fehlt völlig
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Die Wurzeln der Menschenrechte in der Antike

Es gab in Europa schon früh Versuche, Staaten eine menschenrechtsähnliche Basis zu geben. Schon 624 v. Chr. wurde im antiken Athen die willkürliche Rechtsprechung eingeschränkt. Seit dem 6. Jahrhundert wurde allen Bürgern politische Mitsprache ermöglicht, zunächst nach Besitz abgestuft. In der entwickelten Demokratie wurden schließlich fast alle Ämter durch Losverfahren vergeben. Dadurch wurden bei der Postenvergabe alle gleich behandelt.
Ausgenommen waren aber alle Einwohner ohne Bürgerrechte (z. B. die Sklaven und Frauen), mithin die Mehrheit der Bevölkerung. In seinem Werk Politik (Buch I, Kap. 5, 1254b) vertritt Aristoteles die These, dass manche Menschen von Natur aus Sklaven seien. Man kann von einem Versuch der Durchsetzung gleicher Rechte für alle erst seit den Tagen der Aufklärung sprechen. Auch im antiken Rom finden sich, basierend auf der Philosophie der Stoa, erste Vorstellungen bzgl. eines allen Menschen gleich zustehenden Rechts.
Darüber hinaus bildet die ebenfalls antike biblische Vorstellung der Gottebenbildlichkeit des Menschen beiderlei Geschlechts (Genesis = 1. Buch Mose, Gen 1,27 EU
 
) eine weitere Voraussetzung für die später im Westen verbreitete Rezeption des Philosophems „Menschenrecht“. Doch auch biblische Rechte galten nicht universell. Sonderregelungen gab es für die Vertreibung und Ausrottung von Völkern anderen Glaubens (Exodus = 2. Buch Mose, Ex 23,23-32 EU
 
) und für Sklaven (Leviticus = 3. Buch Mose, Lev 25,44 EU
 
).

Die Menschenrechte in der Aufklärung

Die Idee der Menschenrechte und deren staatlicher Umsetzung wurde in der Aufklärung besonders von den Philosophen Thomas Hobbes, John Locke, Jean-Jacques Rousseau und Immanuel Kant geprägt.
Bereits der Dominikanermönch Bartholomé de Las Casas verwendet den Ausdruck 1552 in einem Schreiben zur Verteidigung der peruanischen Ureinwohner an den mit der Sklavenfrage befassten „Indienrat“. Er spricht von den „Prinzipien der Rechte der Menschen“ („las reglas de los derechos humanos“).[7]
Thomas Hobbes (1588–1679) ist zu erwähnen, obwohl er eigentlich kein Philosoph der Aufklärung ist. Es gibt bei ihm keine direkten Menschenrechtsformulierungen, vielmehr ist nicht einmal ansatzweise von gleichen, unveräußerlichen Rechten für alle die Rede. Dennoch ist er aufgrund seiner Staatsphilosophie ein Vordenker der Menschenrechte. Nach dieser hat jeder Mensch im Naturzustand das Selbsterhaltungsrecht. Doch aufgrund der Unsicherheit und Gefahren des Naturzustandes verzichtet der Mensch auf diesen und seine damit verbundenen Naturrechte und gibt sie an den Staat ab. So gibt er dem Staat uneingeschränkte Macht und ordnet das Menschenrecht dem Staat unter. Trotz der schwachen Stellung des Menschenrechts bei Thomas Hobbes hat die Tatsache, dass es überhaupt ein solches Recht geben kann, viele Philosophen beeinflusst. Hobbes' Ideen regten 1679 das englische Parlament an, König Karl II. die Habeas-Corpus-Akte abzuverlangen.
Samuel Pufendorf ist der erste Aufklärer, der die „dignatio“, die Menschenwürde, ausdrücklich als Bestandteil des Naturzustandes, in dem die Menschen gleich und frei sind, betrachtet: „Der Mensch ist von höchster Würde, weil er eine Seele hat, die ausgezeichnet ist durch das Licht des Verstandes, durch die Fähigkeit, die Dinge zu beurteilen und sich frei zu entscheiden, und die sich in vielen Künsten auskennt.“[8]
So hat John Locke (1632–1704) die Grundgedanken von Hobbes aufgegriffen. Er deutet sie aber anders, da er dem Naturzustand einen höheren, positiveren und der Bindung zum Staat einen weniger starken Stellenwert gibt. Nach Locke hat der Staat die Funktion, die Naturrechte des Menschen zu sichern und zu erhalten. Falls er dem nicht nachkommt, verliert er seine Legitimation. Locke gibt dem Staat nicht uneingeschränkte Macht, sondern fordert die Gewaltenteilung in Legislative (gesetzgebende Gewalt) und Exekutive (ausführende Gewalt), später wurde noch die Judikative (die Rechtsprechung) durch Charles de Montesquieu (1689–1755) hinzugefügt. Bei Locke sind die natürlichen Rechte des Individuums dem Staat übergeordnet und der einzelne kann sie gegenüber dem Staat geltend machen. Die Ideen von John Locke hatten maßgeblichen Einfluss auf die von Thomas Jefferson formulierte amerikanische Unabhängigkeitserklärung, in der 1776 unveräußerliche Rechte wie die auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück festgehalten wurden.
Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) ist der erste Aufklärer, der direkt von Menschenrechten spricht, auch wenn er eine sehr spezifische Auffassung hat. Für Rousseau ist die Freiheit Grundlage für das Menschsein. Da von Natur aus alle Menschen frei und gleich sind, sollen sie dies auch im Staat bleiben. Rousseau unterscheidet dabei zwischen natürlicher, bürgerlicher und sittlicher Freiheit. Im Naturzustand, ausgestattet mit der unbegrenzten natürlichen Freiheit, ist der Mensch nicht wirklich frei, da er von seinen Trieben und seinem Egoismus beherrscht wird. Wirklich frei ist er erst, wenn er sich als sittliches Wesen frei dazu entscheidet, sich an selbst gegebene Gesetze zu halten. So verzichtet er bewusst zugunsten der sittlichen auf die natürliche Freiheit. Der Übergang von der natürlichen zur sittlichen Freiheit ist sozusagen die Vervollkommnung der Freiheit im Staat. Die Bürger, ausgestattet mit der sittlichen Freiheit, sind Basis der Gesetzgebung, denn da sie sittlich frei sind, halten sie sich an die selbstgegebenen Gesetze. So sind die Menschenrechte bei Rousseau gegenüber dem Staat nicht einklagbar. Das Menschenrecht auf Freiheit ist die Basis des Staates, ohne das der Staat nicht denkbar wäre. Rousseaus Auffassungen spielten bei der Französischen Revolution eine große Rolle.
Ein weiterer wichtiger Mitbegründer der Aufklärung und auch der Idee des Rechtsstaates ist Immanuel Kant (1724–1804). Für ihn ist Freiheit das einzige Menschenrecht, von dem alle anderen Menschenrechte, wie Gleichheit und Selbständigkeit, abgeleitet werden. Das Recht kann nicht von der Natur des Menschen abgeleitet werden, ist also ein Vernunftrecht, das unabhängig von historischen, kulturellen, sozialen und religiösen Umständen gelten muss. Die Legitimation und vorrangige Aufgabe des Rechtsstaates ist laut Kant die Sicherung und Erhaltung der Freiheitsrechte. So kann der Staat die Menschenrechte nicht in Frage stellen, da er damit seine eigene Legitimation antasten würde. Die Menschenrechte werden zur Legitimation des Staates. In merkwürdigem Kontrast hierzu steht Kants strikte Ablehnung eines Widerstandsrechtes gegenüber die Menschenrechte verletzenden Staatsgesetzen.
Betrachtet man die Ideen dieser Philosophen, lässt sich eine Entwicklung von der Anerkennung der Naturrechte bei Hobbes, die aber dem Staat untergeordnet werden, über die Überordnung der Menschenrechte über den Staat bei Locke, bis zur Anerkennung der Menschenrechte als Basis und Legitimation des Staates bei Rousseau und Kant erkennen.

Philosophische Begründungsstrukturen der Menschenrechte nach der Aufklärung

Auch nach der Aufklärung beschäftigten sich verschiedene Philosophen damit, den universalen Geltungsanspruch der Menschenrechte zu begründen. Hierzu zählt besonders die Diskursethik, die von Jürgen Habermas und Karl-Otto Apel entwickelt wurde. Auch Heiner Bielefeldt, der unter anderem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist, publizierte zu diesem Thema und verglich Begründungsstrukturen für die Gültigkeit der Menschenrechte. Die irische Philosophin Mette Lebech begründete in ihrer Arbeit On the problem of Human Dignity (2011) über die Menschenrechte und die Menschenwürde, dass die Würde des Menschen ein Axiom im Sinne von Aristoteles ist, aus dem erst alle anderen Werte abgeleitet werden können. [9]

Chronologie

Der englische König Johann Ohneland muss die Willkür des Adels gegen seine Untertanen verfassungsrechtlich bestätigen. Eigentum, Steuerrecht und Zugriff auf die Person sind ab diesem Zeitpunkt erstmals staatlich als Schutzrechte des Untertanen gegen die Krone geregelt.
Ab diesem Zeitpunkt ist die Festnahme eines Bürgers an strikte Regeln gebunden. Niemand darf mehr aus Willkür festgenommen werden.

Klassifizierung nach „Generationen“

Im 20. Jahrhundert hat sich die Einteilung der Menschenrechte in drei „Generationen“ eingebürgert. [10]
Diese Einteilung ist zwar relativ gebräuchlich, nichtsdestoweniger ist sie umstritten, weil die gezeichnete Abfolge eine unausgesprochene Wertung und Hierarchie impliziert. Demnach könnten die Rechte der „ersten Generation“ als die „echten“ Menschenrechte gesehen werden, während der Menschenrechtscharakter der zweiten und dritten Generation in Zweifel gezogen wird. Zudem wird mit dem Begriff der „Generationen“ eine zeitliche Abfolge suggeriert, die nicht der geschichtlichen Entwicklung entspricht.

Erste Generation

In diese Kategorie werden die bürgerlichen und politischen Rechte gefasst, d.h. die liberalen Abwehrrechte und demokratischen Mitwirkungsrechte. Geprägt vom klassischen Konzept der Menschenrechte aus den Zeiten der Aufklärung sah die Westliche Welt nur sie allein als Rechte, die vom Individuum aufgrund seiner bloßen Existenz gegenüber dem Staat gerichtlich durchsetzbar sein sollten. Diese beschränkte Perspektive spiegelt sich teilweise auch in den Verfassungen westlicher Staaten, in der liberal-rechtsstaatlichen Grundrechtstheorie oder auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wider. [11]
Dazu gehören:
  • Menschenwürde
  • Geltung der Rechte für alle Menschen in allen Ländern und Gebieten, unabhängig von ihrer internationalen Stellung
  • Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit
  • Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft
  • Verbot der Folter oder grausamer, unmenschlicher Behandlung
  • Anspruch auf Anerkennung als Rechtsperson
  • Gleichheit vor dem Gesetz
  • Anspruch auf Rechtsschutz
  • Verbot der willkürlichen Verhaftung oder Ausweisung
  • Anspruch auf öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen Rechtsverfahren
  • Rechtsstaatliche Garantien: Unschuldsvermutung, keine Strafe ohne Gesetz
  • Schutz der Privatsphäre
  • Recht auf Freizügigkeit (national und übernational)
  • Asylrecht
  • Recht auf Staatsangehörigkeit
  • Recht auf Eheschließung, Schutz der Familie
  • Recht auf Eigentum
  • Religionsfreiheit
  • Recht der freien Meinungsäußerung
  • Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Zweite Generation

Die „zweite Generation“ bilden die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leistungsrechte im Sinne von Anspruchs- und Teilhaberrechten. Sie werden seitens des Staates in Form von positiven Leistungen (z. B. Arbeit, soziale Sicherheit, Nahrung, Wohnung, Bildung, Gesundheit) gewährleistet.
Dazu gehören:
    • Recht an der Gestaltung der öffentlichen Ordnung mitzuwirken
    • Recht auf soziale Sicherheit
    • Nahrung
    • Recht auf bezahlte Arbeit, gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit
    • Anspruch auf Erholung, Freizeit und bezahlten Urlaub
    • Anspruch auf ausreichende Lebenshaltung, auf Sicherheit bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität, Verwitwung und Alter, Schutz für Mütter und Kinder
    • Recht auf Bildung und Ausbildung
    • Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben, Freiheit von Wissenschaft und Bildung

Dritte Generation

Die dritte Generation formen die kollektiven Rechte der Völker – eine Forderung der Länder des globalen Südens deren Entstehung auf Art. 28 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zurückzuführen ist.
„Jeder hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.“
Art. 28, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Anstatt nur die Einhaltung der Menschenrechte zu überwachen, sollten westliche Staaten vielmehr kollektive Solidaritätsrechte dem globalen Süden gegenüber garantieren, um so effektiv bei der Gewährleistung der Menschenrechte zu helfen. Die elementarsten kollektiven Rechte sind das Selbstbestimmungsrecht der Völker und das damit verknüpfte Recht auf Entwicklung, das Recht auf Frieden, auf eine saubere Umwelt, auf Kommunikation sowie auf einen gerechten Anteil an den Schätzen von Natur und Kultur. Beim Streit um die Anerkennung des Rechts auf Entwicklung und anderer kollektiver Rechte muss in Betracht gezogen werden, dass die Wirkung nationaler Politik grundsätzlich kaum mehr an einer Grenze halt macht.
Am 28. Juli 2010 erklärten die Vereinten Nationen in einer völkerrechtlich nicht bindenden Resolution den Anspruch auf sauberes Wasser zum Menschenrecht.[12]

Menschenrechtsschutz in Deutschland

Das deutsche Menschenrechtsschutzsystem besteht aus einer Reihe von zuständigen Institutionen und Ämtern, die sich alle für die Einhaltung der Grund- und Menschenrechte in Deutschland einsetzen:

Rechtliche Verankerung der Menschenrechte in Deutschland

Artikel 1 Absatz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) lautet:
„Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“
Artikel 1 GG, einschließlich der Bindung staatlicher Gewalt an die Respektierung der Menschenwürde (Abs. 1) und der Rechtsverbindlichkeit der Grundrechte (Abs. 3), steht unter dem besonderen Schutz der so genannten Ewigkeitsklausel in Artikel 79 Absatz 3 GG.
Die Bundesrepublik Deutschland ist dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte beigetreten, der den Rang eines Gesetzes hat und im BGB l. 1973 II S. 1534 veröffentlicht ist.
Unterzeichnet wurde von der Bundesrepublik Deutschland auch die UNO-Menschenrechtsdeklaration, die das Recht auf soziale Sicherheit, Arbeit und Wohnung proklamiert. Nach Artikel 25 S. 1 GG sind indessen nur die allgemeinen Regeln des Völkerrechts automatisch Bestandteil des Bundesrechts, weswegen diese Vereinbarung ohne Ratifikation keine innerstaatliche Wirkung entfaltet. Gleichwohl wurden derartige Rechte in einige Landesverfassungen der Bundesrepublik aufgenommen, in die Landesverfassungen von Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bremen, was jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten ist.

Menschenrechtsschutz der Europäischen Union

Die Europäische Union ist eine auf die Grund- und Menschenrechte gestützte Wertegemeinschaft. Diese Werte sind nach Art. 2 des Vertrags über die Europäische Union, die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Darüber hinaus verpflichtet sich die EU in Art. 3 diese Werte zu fördern, indem sie ihre Einhaltung im Inneren der EU gewährleistet und sich für ihre Verwirklichung und Weiterentwicklung nach außen einsetzt.
Auf der Grundlage dieser Werte hat die Europäische Gemeinschaft von Beginn an Rechte und Institutionen auf- und ausgebaut, deren komplexes und vielschichtiges Ineinandergreifen das Europäische Grund- und Menschenrechtsschutzsystem verwirklicht.
Die Idee der Europäischen Wertegemeinschaft, zu der sich jeder Mensch bekennen kann, ist dabei auf die historischen und philosophischen Wurzeln des christlichen Abendlandes, der Französischen Revolution, der Aufklärung, der Säkularisierung und des Humanismus zurückzuführen. Darauf aufbauend und leidvoll komplementiert durch die Kriegserfahrungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging es den europäischen Gründervätern um die Schaffung eines friedlicheren und gerechteren Europas. Rückblickend ist Europa seit mehr als sechs Jahrzehnten ein Garant für Demokratie, Sicherheit, Frieden und Wohlstand. Diese für die heutige Generation zur Selbstverständlichkeit gewachsene Wahrnehmung der EU läuft Gefahr, in der gegenwärtig von Krisen und Umbrüchen gekennzeichneten Zeit, jene Errungenschaften der Europäischen Wertegemeinschaft zu schmälern.

Menschenrechtsschutz der Vereinten Nationen

Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta)

Den Gründungsmitgliedern der Vereinten Nationen wollte es nicht gelingen, einen umfassenden Menschenrechtskatalog zu formulieren. So lassen sich in der Charta der Vereinten Nationen lediglich an bestimmten Punkten Ansätze des internationalen Menschenrechtsschutzes finden. Der Präambel besagt, dass die Völker der Vereinten Nationen den „Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut“ bekräftigen und „den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit“ fördern. Des Weiteren verspricht Art. 1 in den Zielen der VN, dass die Vereinten Nationen „die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen“.
Artikel 55 besagt:
„Um jenen Zustand der Stabilität und Wohlfahrt herbeizuführen, der erforderlich ist, damit zwischen den Nationen friedliche und freundschaftliche, auf der Achtung vor der Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen herrschen, fördern die Vereinten Nationen
  1. die Verbesserung des Lebensstandards, die Vollbeschäftigung und die Voraussetzungen für wirtschaftliche und sozialen Fortschritt und Aufstieg;
  2. die Lösung internationaler Probleme wirtschaftlicher, sozialer, gesundheitlicher und verwandter Art sowie die internationale Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur und der Erziehung
  3. die allgemeine Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion.“
Art. 56 besagt:
„Alle Mitgliedstaaten verpflichten sich, gemeinsam und jeder für sich mit der Organisation zusammenzuarbeiten, um die in Artikel 55 dargelegten Ziele zu erreichen.“
Art. 13 Abs. 1 Nr. b) konkretisiert den Weg, um die Umsetzung, die Entwicklung und die Kooperation zum Thema Menschenrechte wie folgt:
„Die Generalversammlung veranlasst Untersuchungen und gibt Empfehlungen ab, […] um die internationale Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wirtschaft, des Sozialwesens, der Kultur, der Erziehung und der Gesundheit zu fördern und zur Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion beizutragen.[…]“
Art. 62 Abs. 2 autorisiert den Wirtschafts- und Sozialrat „Empfehlungen ab[zu]geben, um die Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle zu fordern.“ Artikel 68 beauftragt den Rat mit der Einsetzung einer Kommission „für die Förderung der Menschenrechte“. Diese wurde im Juni 2006 neu und unter anderem Namen gegründet.
Zur Zeit der Gründung der Vereinten Nationen und somit auch zu Zeit der Entstehung der Charta der Vereinten Nationen existierten keine klaren Vorstellungen vom Konzept der Menschenrechte. Die oben genannten Vorschriften dienten vielmehr der Bereitung einer Basis für die Entwicklung und Durchsetzung von Menschenrechten. Aus rechtlicher Sicht entspricht dies mehr einer politischen Absichtserklärung als einem rechtlich bindenden Auftrag. Nach 1945 wurden diverse Menschenrechtsdeklarationen veröffentlicht und viele Mindeststandards unterschiedlichster Art für Menschenrechte entwickelt. Da die internationale Gemeinschaft sehr regelmäßig ihrer Treue zu Menschenrechtserklärungen Ausdruck verleiht, gibt es Stimmen, welche in den existierenden menschenrechtlichen Mindeststandards Völkergewohnheitsrecht sehen und es somit für alle Völker bindend wäre.

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR)

Hauptartikel: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Eine der ersten internationalen Erklärungen zu Menschenrechtsstandards wurde von der Vollversammlung der Vereinten Nationen durch eine Resolution zum Ausdruck gebracht; die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Sie wurde mit 48 Stimmen, keiner Gegenstimme und 8 Enthaltungen am 10. Dezember 1948 angenommen.
Insgesamt umfasst die AEMR (Universal Declaration of Human Rights) 30 Artikel. Artikel 1 und 2 beschäftigen sich mit organisatorischen Fragen. Hierauf folgt ein Katalog der Freiheitsrechte (Art. 3–20) und der politischen Betätigungsrechte (Art. 21) und der Gleichheitsrechte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichs (Art. 22–28). Eine Eigentumsgarantie lässt sich Artikel 17 entnehmen, welcher aber in den Freiheitsrechten angesiedelt ist. Art. 29 zählt zulässige Einschränkungen der zuvor genannten Rechte auf. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber Art. 30, der unmissverständlich klarstellt, dass die genannten Einschränkungsmöglichkeiten nicht zur völligen Abschaffung oder faktischen Aufhebung der Rechte von Art. 3–28 führen kann und darf.
Die sehr weit reichende Liste von Rechten führte 1966 zu zwei wichtigen UN-Pakten: Dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) und dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt).
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte und der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte bilden zusammen die Universal Declaration of Human Rights oder die Internationale Menschenrechtscharta, welche als Grundlage sämtlicher universeller Menschenrechtsnormierungen gelten kann.

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

Hauptartikel: Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
Nicht alle Menschenrechte wurden gleichzeitig als solche anerkannt. Aus diesem Grund unterscheidet man zwischen drei Generationen von Menschenrechten. Mit den Rechten der ersten Generation waren die liberalen Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat, die klassischen bürgerlichen und politischen Freiheitsrechte gemeint, wie sie seit der französischen Revolution eingefordert worden waren. Die Rechte der zweiten Generation markieren die – durch die industrielle Revolution entstandenen – wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte. Rechte der dritten Generation bezeichnen kollektive Rechte, wie z. B. das Recht auf Entwicklung, Frieden, Schutz der Umwelt, Partizipation, Kommunikation, Selbstbestimmung. Das Konzept der Drittgenerationsrechte und die Rechte an sich sind in der Literatur umstritten, wurden aber ab 1969 von den Vereinten Nationen aufgegriffen.

Rechte und Freiheiten im Zivilpakt

Viele der Rechte und Freiheiten im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte existierten schon in der AEMR. Diese Rechte und Freiheiten sind unter anderem:
  • „Gleichstellung von Mann und Frau bei der Ausübung aller in diesem Pakt festgelegten […] Rechte“ (Art. 3)
  • Das „angeborene Recht auf Leben“ (Art. 6)
  • Das Verbot der Folter (Art. 7)
  • Das Verbot der Sklaverei (Art. 8)
  • Das „Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit“ (Art. 9, Abs. 1)
  • Das Gebot jeden „bei seiner Festnahme über die Gründe der Festnahme zu unterrichten“, ihn einem Richter vorzuführen und ihm eine Anhörung vor einem Gericht zu ermöglichen (Art. 9, Abs. 2, 3, 4)
  • Das Recht sich „frei zu bewegen“ (Art. 12)
  • Das Recht „vor Gericht gleich“ zu sein. (Art. 14)
  • Die Garantie einer Vielzahl von strafrechtlichen Mindeststandards (Art. 14, 15)
  • Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 18)
  • Das Recht „sich friedlich zu versammeln“ (Art. 21)
  • Das Recht „sich frei mit anderen zusammenzuschließen“ (Art. 22)
  • „Das Recht von Mann und Frau, im heiratsfähigen Alter eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen“ (Art. 23 Abs. 2)
  • Die Garantie einer Vielzahl von Rechten speziell für Kinder (Art. 24)
  • Das Recht bei Wahlen wählen zu können oder auch selbst gewählt zu werden (Art. 25 b))

Rechte der Staaten, die garantierten Rechte und Freiheiten einzuschränken

Art. 4 hält eine Ausnahme von den garantierten Rechten vor, welche Staaten unter bestimmten Fällen nutzen können. Ein Beispiel für die Einschränkungsmöglichkeit von Rechten ist der öffentliche Notstand. Allerdings sind auch der Nutzungsbreite des Art. 4 über Art. 4 Abs. 2 Grenzen gesetzt, denn von dieser Regelung ausgenommen sind das Recht auf Leben, das Folterverbot, das Sklavereiverbot, das Recht der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie mehrere juristische Freiheitsrechte und Garantien. Des Weiteren muss ein Staat, sobald er die garantierten Rechte im Rahmen von Art. 4 einschränken will, den Generalsekretär der Vereinten Nationen informieren.

Durchsetzbarkeit der Rechte und Freiheiten des Zivilpakts

Die praktische Durchsetzbarkeit der Rechte aus internationalen Verträgen gestaltet sich in der Regel recht schwierig. Der Internationale Gerichtshof kann Recht über die Staaten sprechen und somit auch Urteile verhängen. Dies allerdings nur, wenn der betreffende Staat hierin eingewilligt hat.
Erkennbar ist, dass die Schöpfer des Paktes diverse Durchsetzungsmechanismen im Text andachten. Verschiedene Artikel sehen spezielle Verpflichtungen für die Vertragsparteien des Paktes vor. So sind die Staaten gem. Art. 2 Abs. 1 dazu verpflichtet, die garantierten Rechte anzuerkennen und zu gewährleisten. Auch müssen die Staaten gem. Art. 2 Abs. 2 „die notwendigen Schritte unternehmen, um die gesetzgeberischen oder sonstigen Vorkehrungen zu treffen, die notwendig sind, um den in diesem Pakt anerkannten Rechten Wirksamkeit zu verleihen, soweit solche Vorkehrungen nicht bereits getroffen worden sind.“ Auch sind die Staaten über Art. 2 Abs. 3a) dazu verpflichtet, wirksame Beschwerdemöglichkeiten für den Fall der Verletzung des Paktes zu schaffen. Aus diesen Vorschriften geht somit hervor, dass die Verfasser des Paktes die in ihm verbrieften Rechte nicht auf dem Niveau von Absichtserklärungen oder Hoffnung ruhen lassen wollten.

Überwachungs- und Durchsetzungsinstrumente internationaler Menschenrechtsabkommen

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist zwar weder juristisch bindend für die Staaten, noch gibt es eine über den Staaten stehende Gewalt, die die Einhaltung der Menschenrechte durchsetzen könnte, trotzdem hat sie politisch und moralisch ein sehr großes Gewicht. Ihre Bestimmungen sind in viele nationale Verfassungen aufgenommen worden. Viele Konventionen und Verträge, die seit 1948 abgeschlossen wurden, gehen von den in der Erklärung enthaltenen Definitionen aus.
Die beiden internationalen Pakte über bürgerliche und politische Rechte, sowie über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und die spezialisierten Konventionen haben den Rang internationaler Abkommen, sind also bindende Rechtsakte. Die Überwachung ihrer Einhaltung geschieht in den zuständigen Gremien des UN-Menschenrechtshochkommissariat OHCHR in Genf, zu dem acht UN-Vertragsorgane (Treaty bodies, Ausschüsse) gehören. Der UN-Menschenrechtsrat kann die Entsendung von Beobachtern zur Überwachung der Menschenrechtssituation in einem Mitgliedstaat beschließen.
Mit der Unterzeichnung der jeweiligen Abkommen verpflichten sich die Staaten dazu, periodisch über die Einhaltung ihrer menschenrechtlichen Pflichten Bericht zu erstatten. Üblicherweise beträgt der Berichtszeitraum fünf Jahre. Parallel zu den Staatenberichten können Nichtregierungsorganisationen alternative Berichte einreichen, die von den Ausschüssen zumeist berücksichtigt werden. Als Resultat veröffentlicht der jeweilige Ausschuss nach Begutachtung des Regierungsberichts eine Reihe von abschließenden Beobachtungen (concluding observations) und Empfehlungen (recommendations) an die jeweilige Regierung. Dieses Mittel ist zwar ein sehr weicher Sanktionsmechanismus, dennoch hat er in vielen Fällen seine Wirksamkeit bereits bewiesen.
Für den Fall des Internationalen Pakts über Bürgerliche und Politische Rechte existiert darüber hinaus die Möglichkeit der Individualbeschwerde beim Genfer UN-Menschenrechtsausschuss. Ähnliches wird auch für den Sozialpakt angestrebt, das dazu benötigte Zusatzprotokoll („Draft optional protocol“) ist jedoch noch nicht angenommen.
Auf europäischer Ebene wurde mit der Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg geschaffen. Seit 1998 kann – ähnlich wie bei einer nationalen Verfassungsbeschwerde – jeder Einzelne gegen eine Verletzung seiner Rechte aus der Konvention klagen. Daneben können auch die Mitgliedsstaaten gegenseitig auf Einhaltung der Konvention klagen (per so genannter Individual- oder Staatenbeschwerde). Ein derartiges Rechtsschutzsystem ist für internationale Menschenrechtskonventionen außergewöhnlich. In der Bundesrepublik Deutschland steht die Europäische Menschenrechtskonvention im Rang eines einfachen Gesetzes. In Österreich dagegen genießt die Konvention Verfassungsrang. In der Schweiz stellt die EMRK direkt anwendbares Recht dar. In Norwegen sichert das Gesetz in Bezug auf die Stärkung des Status der Menschenrechte im norwegischen Recht vom 21. Mai (Gesetz Nr. 30) 1999 dass die EMRK anderen gesetzlichen Bestimmungen übergeordnet ist. Das Vereinigte Königreich kodifizierte im Human Rights Act 1998 die Stellung der EMRK.
Für den amerikanischen Doppelkontinent erfüllt der Interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof (Inter-American Court of Human Rights/Corte Interamericana de Derechos Humanos) eine ähnliche Funktion.
Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es seit 1981 die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker.

Aspekte der Kritik am Menschenrechtsdiskurs

Kritik formuliert sich an den verschiedenen Facetten des Menschenrechtsdiskurses. Dabei kommen vielfältige Formen der politischen Instrumentalisierung des Anspruchs auf Menschenrechte zur Sprache. Am stärksten äußert sich dort die Kritik, wo der Menschenrechtsdiskurs militärische „Eingriffe“ legitimiert. Gefragt wird hier, ob die Menschenrechte dabei als Alibi für andere Interessen der Politik dienen. Der Status von Migranten und Staatenlosen war schon bei Hannah Arendt Gegenstand einer kritischen Reflexion über die Bindung von Menschenrechten an das Konstrukt einer Nation. Sie fordert das „Recht, Rechte zu haben“ und stellt fest, dass für Menschen auf der Flucht und in Lagern ein Menschenrecht nicht einklagbar ist. Hier knüpft auch Giorgio Agamben an, der den Status der Migranten mit dem des Homo sacer in der Antike vergleicht.
Thomas Carlyle hebt die hierarchische Ordnung in der Natur hervor, die durch Allmacht durchgesetzte ewige Gerechtigkeit und bezeichnet das Privileg der Dummen, von den Weisen regiert zu werden, auf dem richtigen Weg von jenen geleitet zu werden, die es besser als sie wissen als erstes Recht des Menschen, im Vergleich zu dem die sonstigen belanglos sind.[13] Viele Autoren der postkolonialen Kritik verweisen auf ein hierarchisches Verhältnis des Westens und Europas gegenüber anderen Regionen und betrachten den Menschenrechtsdiskurs vor dem Hintergrund einer kolonialen Geschichte und postkolonialen Gegenwart. Dazu gehören Autoren wie Frantz Fanon, Stuart Hall, die Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison, Homi K. Bhabha, Edward Said, Gayatri Chakravorty Spivak oder Gauri Viswanathan. Damit verbunden ist eine Kritik am Eurozentrismus, etwa dass das Konzept der Menschenrechte seine Wurzeln in der europäischen Philosophie habe. So hätten die Philosophen der Aufklärung nicht nur emanzipatorische Projekte verfolgt, sondern auch rassifizierende und essentialisierende Konzepte verwissenschaftlicht, mit denen kolonialistische Politiken auch in rechtsphilosophischer Hinsicht – wie die Praxis eines Racial Contract[14] – legitimiert wurden. Der Menschenrechtsdiskurs wird hierbei auch unter den Aspekten der weißen und europäischen Bildungsprozesse der eigenen Identität und nationaler Diskurse betrachtet. Diese Autorinnen verweisen dabei auf die Etablierung einer weißen Dominanzkultur. Zur Absicherung bestehender sozialer Verhältnisse, die für die weiße Dominanzkultur Privilegien schaffe, gehöre es auch, dass Weiße sich phantasierten, was für die ihnen fremden Menschen und Kulturen gut sei. Eine reduzierte Wahrnehmung sei es, Menschen in anderen Regionen beständig als Opfer wahrzunehmen. Damit ist ein gesellschaftlicher Prozess gemeint, den Autoren wie Slavoj Žižek,[15] Alain Badiou[16] und andere als Viktimisierung beschreiben.
Doch nicht nur sich selbst, auch allen anderen, besonders aber den Eliten in der Dritten Welt wird diese gute Beendung der Geschichte suggeriert: „The promise of human rights to the Third World is that problems of cruel conditions of life, state instability, and other social crises can be contained, if not substanially eliminated, through the rule of law, grants of individual rights, and a state based on constitutionalism. […] Salvation in the modern world is presented as only possible through the holy trinity of human rights, political democracy, and free markets.“[17]
Eine andere Linie der Kritik versucht die problematischen Folgen zu erfassen, die sich durch die zunehmende internationale Verrechtlichung der Menschenrechte ergeben. So wird die Frage gestellt, ob nicht eine zunehmende Legitimierung aller staatlichen Gewalt und aller bisherigen Eigentumsverhältnisse daraus ebenso resultiert wie die Ausweitung der industriestaatlichen Infrastruktur. Der industriestaatliche ‚Stoffwechsel‘[18] und die Abhängigkeit von einzelnen Techniken stiegen,[19] machten die Gesellschaft zunehmend aus[20] und würden in der kurzen Zeit seit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zur Verdoppelung des Anteils der Weltstadtbevölkerung von 1950 bis 2030 auf dann 61 Prozent führen.[21]
Eine sonst disparate Sammlung unterschiedlicher und im Prinzip gleichberechtigter Reiche, Werte und Konzepte in den Ländern der Welt werde so homogenisiert – in klarer hierarchischer Schichtung: „In a sense the United States chief executive sits atop a global empire. It is an empire governed by the cultures, traditions, and norms of the European West.“[22]
Aus jedem Recht könne im Umkehrschluss „(religions-)pragmatisch“ aus der Rechte konstituierenden und garantierenden staatlichen Handlung eine Norm bzw. eine Wertentscheidung abgeleitet werden, und damit eben auch eine Entwertung, Ablehnung und ganz realiter Bekämpfung des Gegenteils. Wer Familien, Wohnungen und Schulen fördere, der bekämpfe – in der einen oder anderen Weise – Kulturen, die keine Familien, Wohnungen und Schul(gebäude) aufwiesen. Dann würden aus den Rechten für die angesprochenen Bürgerinnen Verpflichtungen: für sie selbst, aber auch für Mitglieder anderer Kulturen und spätere Generationen. Dazu gehörten der Speziesismus, hier die Rechtlosigkeit von Tieren, Pflanzen und Natur,[23] der Nationalismus,[24] die Familie,[25] der Staatenbund ‚Vereinte Nationen‘ selbst,[26] das Eigentum,[27] die Sesshaftigkeit,[28] die Ordnung und Autorität,[29] die Indoktrination der eigenen Ideale,[30] die Schule,[31] die Wahlen,[32] die Allgegenwart von Medien,[33] Strafen und Gefängnisse,[34] Wirtschaftswachstum bzw. Entwicklung,[35] und Wissenschaft.[36]
In großen, arbeitsteiligen Gesellschaften profitierten Intellektuelle davon, den Menschen als 'künstlerisches, Staaten bildendes Tier' darzustellen und den Glauben in der Bevölkerung zu pflegen, es handele sich beim Menschen auf jeden Fall nicht um ein in Kleingruppen von wenigen Exemplaren lebendes Wesen.[37][38][39][40]
Zudem lasse sich ganz offensichtlich das tatsächliche Dasein als arbeitendes Herdentier in einer hierarchisch geschichteten und unübersehbaren Masse viel besser ertragen, wenn man die feste Vorstellung habe, ein jeweils einzigartiger und auf keinen Fall fremdbestimmter Träger einer Menschenwürde zu sein.[41] Hier sei die Vergötterung der Vernunft und des Konstrukts ‚freier Wille‘ erklärlich.
Schließlich behauptet diese Kritik, die Menschenrechtsphilosophie habe gerade in Deutschland einen religiösen Status und schließe innerhalb der Institutionen regelhaft Kritik aus. Im Anschluss an soziologische und rechtshistorische Studien könne nachgezeichnet werden, aus welcher religiösen Tradition die Menschenrechte und ihr Konzept des Individualismus entstanden seien. In der Behauptung, unsere unerklärte „Staatsreligion“ propagiere und erreiche langfristig die Vernichtung alles Nicht-Künstlichen, gipfelt diese Kritik.[42][43][44] Umstritten ist, inwieweit die sexuelle Identität dazu gehört; in Artikel 2 ist festgehalten, dass es ein Recht auf Leben ohne Diskriminierung gebe.[45]

Die Menschenrechte seit dem 11. September 2001

Als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 sind im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terrorismus in vielen Ländern der westlichen Welt viele Antiterrormaßnahmen beschlossen worden, die von Kritikern als unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre und die Vorstufe zu einem Überwachungsstaat angesehen werden.
Des Weiteren werden von den USA in Guantánamo Bay mutmaßliche Terroristen sowie Gefangene aus dem Afghanistan-Krieg ohne Gerichtsverhandlung und unter Missachtung der Genfer Konventionen gefangen gehalten.
In den USA wurde im September 2006 der Military Commissions Act verabschiedet, der es erlaubt, als ungesetzliche Kombattanten identifizierte Personen von Militärkommissionen verurteilen zu lassen. Die Kommissionen und die entsprechende Prozessordnung erfüllen nicht die Standards, die an Strafgerichte in Demokratien gestellt werden. Zudem sind nach dem Gesetz Praktiken zulässig, die von Menschenrechtsorganisationen und vom UN-Sonderberichterstatter über Folter Manfred Nowak als Folter bewertet werden.[46]

Menschenrechte in verschiedenen Ländern (Links)